Blog | 50 Jahre die börse!

8. November 2023 - Das Festivaljahr ist eröffnet!

Fehlfarben und eine Podiumsdiskussion machten den Auftakt

Die börse hatte einen guten Tag: Am 8. November haben wir den Auftakt in das 50. Geburtstagsjahr gefeiert – von nun an geht es ein Jahr lang rund. 

Und als börse sind wir nicht nur für richtig gute Konzerte bekannt, wie die Kultband Fehlfarben eines später am Abend gegeben hat, sondern eben auch für Politik: Geplant war eine Podiumsdiskussion mit NRW-Kulturministerin Ina Brandes, um über eine mögliche Erhöhung der Landes-Förderung für die Soziokultur in NRW zu sprechen – doch die Ministerin musste leider absagen. Und so ergab sich nach dem Grußwort des Wuppertaler Oberbürgermeisters Uwe Schneidewind ein freundschaftliches Gespräch auf dem Podium zur Zukunft der Soziokultur.

„Ich habe mich schon auf den Geburtstag der börse gefreut“, erklärte Uwe Schneidewind. „Sie ist ein Identitätsort über Generationen, Milieus und Szenen hinweg.“ Soziokulturelle Zentren seien Orte, die eine zentrale Funktion im Zusammenleben einnehmen – was nicht an dem Ort als solchem liege, sondern daran, wie und durch welche Menschen er bespielt werde, und dass sich an den prägenden Ereignissen mit der börse auch ihre Leistungsfähigkeit ablesen lasse. Deshalb hoffte der Oberbürgermeister, dass mit der Ministerin zu einem anderen Zeitpunkt möglichst viel Geld für die Soziokultur verhandelt wird: „Denn dieser Ort und seine Wirkung sind eines der faszinierendsten Beispiele dafür, was Soziokultur ist.“ Uwe Schneidewind eröffnete damit das Festivaljahr zum 50. Geburtstag und wünschte der börse, dass sie sich ihre Energie erhält. „Rüttelt an uns, rüttelt am Land“, lautete sein Aufruf.

So lief auch die anschließende Podiumsdiskussion freundschaftlich und harmonisch ab: Heike Herold (Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur), Andreas Bialas (kulturpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion), Frank Jablonski (kulturpolitischer Sprecher des Bündnis 90/Die Grünen im Landtag), Lukas Hegemann (Geschäftsführer der börse) und Wuppertals Oberbürgermeister Uwe Schneidewind waren sich einig über die Bedeutung der Soziokultur für die Gesellschaft. Einen spannenden Austausch hörte das Publikum trotzdem.

 

So richtete Moderator Peter Grabowski eine wichtige Frage an Lukas Hegemann: „Was kannst du noch mit dem Geld machen, das du noch hast?“ Unser börsen-Geschäftsführer berichtete, dass während der Pandemie aufgrund der staatlichen Hilfen niemand aus dem Team entlassen werden musste, räumte aber ein, dass ihm die Großzügigkeit fehle: „Ich führe schon Gespräche mit Kolleg:innen, ob sie nicht ein paar Stunden weniger arbeiten können – und das macht keinen Spaß.“ Dieser Beobachtung schlossen sich ungefähr drei Viertel des Anwesenden aus anderen soziokulturellen Zentren in NRW an.

Und so kam die Frage von Peter Grabowski, was denn gebraucht wird im Vergleich zu dem, was es bereits an Förderung gibt, wie auch die Antwort von Heike Herold gerade recht: „Wir haben uns noch nicht getraut, das auszurechnen“, gab sie zu. Die geforderten 7 Millionen Euro Landes-Fördermittel können aber für Planungssicherheit in den Häusern sorgen. Uwe Schneidewind nutzte die Gelegenheit, um erneut auf die Leistungsfähigkeit der Soziokultur hinzuweisen: „Ein Opernhaus kann man nicht prekär organisieren. Der soziokulturelle Bereich hingegen ist in der Lage, sich prekär zu organisieren; ein investierter Euro setzt da viel mehr in Bewegung.“ Der Kitt der Gesellschaft sei eben nicht die Hochkultur, sondern die Einrichtungen und Institutionen, die chronisch unterfinanziert sind, fügte Peter Grabowski hinzu und fragt nach einem Weg, aus dieser Dissonanz herauszukommen.

Frank Jablonski erklärte, was sich wie ein Versprechen anhörte: „Die Soziokultur hat für uns Priorität. Ich weiß ja, dass es Gespräche gibt, wie man die Förderprogramme gestaltet. Welche Summe dahinterstehen wird, ob 5, 7 oder 10 Millionen, das kann ich nicht sagen.“

Schließlich durften die Redner:innen der Soziokultur noch gute Wünsche für die kommenden 50 Jahre auf den Weg geben: Der Oberbürgermeister Uwe Schneidewind wünschte weiterhin die Ideen und Lebendigkeit, die sie in den letzten 50 Jahren, gekoppelt mit politischem Kampfgeist, gezeigt hat. Frank Jablonski wünschte der Soziokultur Verlässlichkeit, Freiraum und Unterstützung. Andreas Bialas gab ihr Mut, Kraft, Geld und Lobbyarbeit auf den Weg, denn die Soziokultur werde dringender denn je benötigt – „die Zeiten werden schlimmer“. Heike Herold wünschte der Soziokultur Stärke, um durchzuhalten sowie eine Veränderungsszenerie, die von den Kulturhäusern bis zur Landesregierung reicht. Und Lukas Hegemann wünschte der Soziokultur mehr Selbstbewusstsein – und mehr Spaß, als er das Plöppen der ersten Sektkorken hörte, die den feierlichen Teil des Abends einläuteten.

Und gefeiert wurde im Anschluss natürlich, als die Fehlfarben, die schon seit Ende der 1970er zur Geschichte der börse gehören, mit alten und neuen Songs laute Musik spielten und damit die Geburtstagskonzertreihe „50 Bands gratulieren“ eröffneten.

Es war ein Konzert, wie es die börse seit einem halben Jahrhundert kennt – nur, dass Peter Hein als Sänger der Fehlfarben ausnahmsweise all seine Texte konnte und sich höchstens zweimal verhaspelte. Das Publikum war gut gelaunt, freute sich mit dem Geburtstagskind über den Anlass, schwelgte in alten Zeiten – und das bei Zeilen, die erstaunlich aktuell erschienen. Ein Beispiel ist da die dritte Strophe des Songs „Hier und Jetzt“: "Die Zukunft wird auch nicht bewältigt, Der Kopf ist größer als der Hut, Ich weiß nicht mehr, woher der Wind weht, Ganz egal, was im Wetterbericht steht.“

Was auch zum börsen-Geburtstag passt: Schließlich sind die 2020er wieder eine Zeit des Umbruchs für die Soziokultur – aber auch im besten Sinne, denn am 8. November sprühte die börse nur so über an Freude und guter Stimmung.

Fotos: Ralf Silberkuhl

Veröffentlicht am 12.12.2023

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