Blog Stadtteilschreiber

Stadtteilgeschichten von Stadtteilbewohner:innen

WENN ICH DIE WAHL HÄTTE …

Plakat-Aktion vom Hospizdienst Die Pusteblume (Diakonische Altenhilfe Wuppertal gGmbH) zum Thema Sterben

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Eins ist sicher: Sterben oder nicht sterben, die Wahl hat man nicht. Der Tod - ein Tabu-Thema. Besonders in unserer Gesellschaft geht es überwiegend darum, jung, dynamisch und erfolgreich zu sein – da ist kein Platz für den Tod. Andererseits steht es außer Frage, dass der Verlust geliebter Menschen Schmerz und Trauer bedeutet. Und an den eigenen Tod zu denken, löst bei den meisten Menschen Angst aus.

DIE IDEE

Auf die geplante Aktion wurden wir bei einem Forumstreffen der DemokratieWerkstatt Hesselnberg-Südstadt von Achim Konrad aufmerksam gemacht, der beim Hospizdienst an der Blankstraße für die Netzwerkarbeit in der Südstadt verantwortlich ist. Achim Konrad erklärte uns das Projekt:

Er wollte Menschen aus der Südstadt ansprechen, die den Mut haben, sich zum Thema Tod und speziell zum Thema Sterben zu äußern. Unter dem Motto „Wenn ich die Wahl hätte..." sollten sie überlegen, was sie sich wünschen, wenn es „soweit" ist. In einem ausführlichen persönlichen Gespräch mit ihm sollte dann ein Kernsatz festgehalten werden. Der ausgewählte Spruch würde anschließend zusammen mit Namen und Porträt des Teilnehmers/der Teilnehmerin auf einem Plakat zu sehen sein. Unmittelbar nach der Bundestagswahl sollten in der Südstadt mit Einwilligung der Parteien die Wahlplakate, die ihren Dienst getan haben, durch die neuen Plakate der Pusteblume überklebt werden. Diese sollten eine Woche lang hängen bleiben und danach würde der Hospizdienst dafür Sorge tragen, sie abzuhängen.
Als Südstädterin beschloss ich, an dieser ungewöhnlichen Aktion teilzunehmen.

DIE AUSFÜHRUNG

Zwölf Südstädter:innen – Hospiz-Mitarbeiter:innen und Nachbarn:innen – machten aktiv bei der Aktion mit. Die optisch sehr ansprechenden Plakate wurden von der Designerin Beate Brand (Creativ Design Werbeagentur GmbH) gestaltet.
Die Aussagen und Wünsche der Teilnehmer:innen fielen zwar unterschiedlich aus, aber einige Schlüsselwörter kann man festhalten: „Schnell und schmerzlos" oder „alt und müde" möchte man sterben. Man wünscht sich auch „Mut" und „Ruhe", hofft, das eigene Sterben „selbstbestimmt" zu steuern oder „ganz entspannt auf sich zukommen (zu) lassen" und schaut „neugierig auf das nächste Leben". Wichtig seien vor allem eine liebevolle Begleitung „in vertrauter Gemeinschaft" und ein „intensives Zuhören, gegenseitiges Stützen".
Am 26. September, Punkt 18:00 Uhr, kamen viele Helfer:innen, um die Plakate in der Südstadt aufzuhängen. Zwei Teams wurden gebildet, und jeder hatte das Gefühl, gemeinsam etwas Sinnvolles zu tun.

Die Plakate hingen bis zum 3. Oktober in der Augusta- und Weststraße. Auch gegenüber dem NetzwerkCafé der Pusteblume wurden alle Plakate in Form einer Collage an eine Wand geklebt und daneben eine große Tafel, an die Passanten ihre eigenen Gedanken zum Thema schreiben konnten. Im Laufe der Woche konnte Achim Konrad beobachten, dass manche Autofahrer, die an der Ampel standen, neugierig auf die Plakate blickten. Passant:innen blieben stehen, und einige schrieben ihre Gedanken an die Tafel: „In Frieden mit mir selbst", „in Liebe", „wie das Licht einer Kerze, das durch den Wind ausgeht". Dass diese Tafel mittlerweile voll ist, zeigt, wie groß der Mitteilungsbedarf der Menschen zum Thema Sterben ist.

Diese Aktion, die viel positive Resonanz auch in den Medien fand, bewegte die Menschen dazu, sich mit dem Thema Sterben auseinanderzusetzen sowie Hoffnungen und Wünsche auszusprechen - eine gute Gelegenheit, seine Ängste zu überwinden und sich ein Stück davon zu befreien. Jeder muss sterben, eine Tatsache, die alle Menschen miteinander verbindet. Deswegen sollte nicht jeder allein grübeln und trauern oder Angst haben, sondern sich mit anderen Menschen austauschen und sich gegenseitig unterstützen. Umso wichtiger ist die wertvolle, aber schwierige Arbeit, die die Mitarbeiter:innen der Pusteblume in Wuppertal leisten. Wir sind froh, dass es sie gibt, und wünschen dem ganzen Team alles Gute.

Zwei berühmte Dichter haben das (letzte) Wort:

Johann Wolfgang von GOETHE

Es ist eine Ferne,
die war, von der wir kommen.
Es ist eine Ferne,
die sein wird, zu der wir gehen.

Friedrich SCHILLER

Vor dem Tod erschrickst du? Du wünschest, unsterblich zu leben?
Leb im Ganzen! Wenn du lange dahin bist, es bleibt.

Autorin: Danielle Bouchet

 

 



 
 
 
 
Fotos: Danielle Bouchet
 
 
Eine besondere Gelegenheit zum weiteren Austausch über eine offene Hospiz- und Palliativkultur bietet eine Veranstaltung am 24. November: Im Rahmen des „Erzählsalons" stellen Achim Konrad und ehrenamtliche Mitarbeitende die Arbeit der „Pusteblume" in der börse vor und sprechen mit uns über das, was uns zum Thema Sterben beschäftigt. 
 
 

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Veröffentlicht am 18.10.2021

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