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Manuela Rabenschlag: Weitere Texte aus der Schreibwerkstatt

Die Stadt
Was macht eine Stadt aus? Lebendigkeit, Vielfalt, Kultur und Naherholungsgebiete, um nur ein paar zu nennen. Organisationen, Institutionen oder Verwaltungen schaffen den Raum und die Möglichkeit, aber es sind die Menschen, die Einwohner*innen, die eine Stadt prägen und mit Charme und ihrer Lebendigkeit colorieren. Doch welche Menschen? Nur die Intellektuellen? Nur die Handwerker*innen? Nur die Deutschen? Nur die Ursprungs-Wuppertaler*innen? Und, und, und. So könnte es endlos weitergehen.

Was wäre, wenn eine deutsche Großstadt wie Wuppertal ohne Menschen mit Migrationshintergrund auskommen müsste? Könnte sie das? Wohl kaum.

Beispielsweise wären die Wochenmärkte am Laurentiusplatz oder am Neumarkt nicht nur mau bestückt, da viele der internationalen Spezereien fehlten, sondern auch um mehr als die Hälfte minimiert. Da oftmals das Neue, das Andersartige fehlen würde, gäbe es weniger Möglichkeiten zum Ausprobieren und Entdecken. Zwar wäre es objektiv ruhiger und leiser, da sicherlich auch das Feilschen und auch die oftmals hektischen und sehr lauten Kaufanimationen beispielsweise der Türken und Italiener entfielen – doch zu welchem Preis? - Auf Kosten der Lebendigkeit.

Zögen wir alle „Ausländer*innen“ aus Wuppertal ab, hätten wir nicht nur viel weniger Einwohner*innen, sondern auch ein trüberes Stadtbild.

Zwar drückt sich Vielfalt nicht nur im Essen und Marktgeschrei aus, doch ist sie hier oftmals am intensivsten spürbar. Ein Markt ohne ausländische Mitbürgerinnen wäre trist – wie das Wuppertaler Wetter. Wer würde dann noch etwas anbieten und für wen? Wahrscheinlich gäbe es fast nur deutsche Waren, wobei saisonale regionale Angebote bei Ost & Gemüse durchaus unter umwelttechnischen Aspekten ihre Berechtigung haben. Dennoch wäre es ein Einschnitt in das bunte & vielseitige Leben der Stadt, die gerade von und durch ihre Gegensätze lebt! Und hierzu gehören vor allem die Menschen, die in ihr leben. ALLE Menschen, unabhängig von Herkunft, Gender oder sexueller Orientierung.

 

Der Umzug (Krimianfang)

Lastwagen an Lastwagen reihte sich an diesem diesigen und windigen Frühlingstag, soweit das Auge die Straße überblicken konnte. Geschäftsmäßig trugen Männer wie Frauen Aktenschränke, Tische, Stühle und Lampen zu den wartenden Lkw. Alles wurde schnell und effizient verstaut. Die ersten Transporter rumpelten mit ihrer Fracht bereits los, die in der Reihe wartenden, rückten zur Beladung nach. Die Frauen und Männer verständigten sich weitestgehend ohne Worte – alles lief nach einem minutiösen Plan ab. Jede und jeder wusste, was zu tun war. Doch die eigentlich schwere Aufgabe stand noch bevor.

Erst wenn alles Mobiliar verladen und der Verwaltungstrakt leergezogen war, sollten auch die Zellen der rund 550 Inhaftierten geräumt und verladen und die Insassen ins neue Gefängnis überführt werden. Diese herausfordernde Logistik war monatelang von den Verantwortlichen geplant, wieder verworfen, neu bedacht und letztendlich als finaler Plan mit allen Einheiten aufs ausführlichste und gründlichste durchgesprochen worden. Wieder und immer wieder. Nichts sollte dem Zufall überlassen werden, nichts durfte schiefgehen.

Doch ein Plan ist ein Plan ist ein Plan.

Alfredo saß in seiner Zelle und hörte dem geschäftigen Treiben um ihn herum scheinbar unbeteiligt zu. Er wie alle anderen 550 Häftlinge des alten, verrottenden Knasts, waren erst vor drei Tagen von den Gefängniswärtern über den anstehenden Umzug informiert worden – um Fluchtaktionen keinen Raum zur Vorbereitung zu bieten. Doch wie immer funktionierte der Zellenfunk vorzüglich – seit Monaten wussten die Gefangenen von der bevorstehenden Überführung ins neue Gefängnis und manch einer hatte sich hierzu seine Gedanken gemacht und über Ausbrüche phantasiert. Doch nur die wenigsten verfügten über die notwendigen Kontakte und Mittel, um die Situation zu ihren Gunsten ausnutzen zu können. Alfredo war einer von ihnen. Er war nicht nur das Oberhaupt einer in gewissen Kreisen geschätzten Familie, sondern er verfügte über Kontakte bis nach Sizilien. Zahlreiche Männer und Frauen waren Alfredo sogenannte Gefallen schuldig, welche er jetzt nach und nach einforderte, um seinen Plan ausführen zu können. Ende zu offen, Ausblick geben auf das was kommt.

Texte und Podcasts vom 30.11.2022:

Veröffentlicht am 16.02.2023

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