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Den Krisen mit Utopien begegnen

Lesung mit Ilija Trojanow am 19. Januar 24

Die INSEL schenkt der börse zum 50. Geburtstag eine Lesung mit Ilija Trojanow. Uta Atzpodien und Torsten Krug erzählen von optimistischen Blicken in die Zukunft, von Verbundenheit und Orten als safe space.

Weil wir so viel Dystopie und Apokalypse um uns herum haben, passt es gut, dass die INSEL der börse zu ihrem 50. Geburtstag eine Lesung mit Ilija Trojanow schenkt. Der Autor schreibt in seinem jüngsten Buch „Tausend und ein Morgen“ von einer positiven Zukunft, einer friedlichen und selbstbestimmten Gesellschaft. Seit zehn Jahren setzen der Initiator Torsten Krug und Uta Atzpodien Literatur auf die INSEL um – und zum ersten Mal verschenken sie eine Veranstaltung der Reihe, lassen sie in der börse stattfinden. Noch dazu eine Veranstaltung von äußerst hochkarätigem Format: Denn Ilija Trojanow bringt nicht nur Erzählungen und Musik mit, sondern eben auch sein Buch „Tausend und ein Morgen“, das von der Kritik als facettenreiches Werk gelobt wird, in dem es um Zukunft und Abenteuer geht, die Ilija Trojanow philosophisch betrachtet und poetisch beschreibt. „Es ist eine sehr schöne Fügung, als Geburtstagsgeschenk Utopien mitzubringen“, berichten beide.

In der Tat scheint unsere Welt, die aktuell besonders schwer unter Krisen und Krieg leidet, endlich wieder Utopien, einen optimistischen und positiven Blick nach vorn zu brauchen. Und Kulturorte wie die börse eignen sich dafür besonders: Viele haben sich die Energie und Kraft aus der Anfangszeit bis heute behalten, so die These des INSEL-Teams. „Damals ging es um Freiheit, darum, die Gesellschaft zu öffnen, es ging um Wege zur ,menschlichen Stadt‘“, blickt Uta Atzpodien zurück. „Und da ist ganz viel passiert, doch was geschehen ist, ist immer noch zu wenig. Es geht noch immer darum, die Stadt für die Menschen zu öffnen – und da spielen die fünf Orte, die der börse gratulieren, eine wichtige Rolle.“ Das Besondere an Wuppertal ist laut der freien Dramaturgin, dass vieles hier in Teamarbeit zwischen Kulturzentren wie der Insel, der börse, der Färberei, Utopiastadt, dem ort, dem Café Swane und anderen entsteht, dass diese Orte nicht nur jeweils für sich stehen, sondern gemeinsam die Soziokultur in Wuppertal gestalten. Als freie Szene, die aber gut vernetzt ist untereinander und mit der Stadtverwaltung – was ebenfalls eine Form der gelebten gesellschaftlichen Utopie ist. „Das Miteinander hat hier in Wuppertal eine schöne Kultur“, sagt Uta Atzpodien. „Und die Idee mit den Geschenken an die börse, die die fünf Orte mitbringen, ist ein Beispiel dafür, wie ein größeres Miteinander aussehen kann.“

Torsten Krug findet, dass sich die börse die Aufbruchsstimmung der 70er bis heute erhalten konnte. Dabei erinnert sich Uta Atzpodien an 2015, als viele Akteur:innen mit „Lebe Liebe Deine Stadt“ von der börse aus durch die Stadt zogen, als für das Projekt alle Sparten hinaus in die Stadt gingen und gemeinsam mit den Menschen Kunst machten: „Man kann da durchaus eine Parallele zur Geschichte ziehen“, erklärt sie. „Denn das war sehr partizipativ – und dafür steht für mich für die börse.“

Auch Torsten Krug verbindet positive Erinnerungen mit der börse. „Es ist ein Ermöglichungsraum“, sagt er. Wenn der Theaterregisseur, Sänger und Autor an die börse denkt, erinnert er sich vor allem an die Zeit während des Lockdowns 2020/2021 zurück, in der er mit der Schauspielerin Julia Wolf im Lockdown die börse für Proben nutzte, Tag und Nacht in die Räume an der Wolkenburg gehen konnte und immer wieder Gespräche über die Proben und das Theaterstück mit börsen-Geschäftsführer Lukas Hegemann führte. „Es ist super, dass er als Geschäftsführer auch inhaltlich arbeiten kann“, findet Torsten Krug. Obwohl seit der Pandemie vieles virtuell und digital geworden ist, glaubt er an die Kraft der Orte wie der börse und der INSEL: „Heute ist ja alles total fragmentiert, jeder sitzt vor seinem Bildschirm – dabei ist man nicht verbunden. Wenn man in einem schönen Raum sitzt, da gibt es Verbundenheit.“

Orte wie die börse und das Café Ada waren seit den 70ern wie ein Wohnzimmer für berühmte Wuppertaler:innen wie Pina Bausch, Peter Kowald und Peter Brötzmann, für Punk-Bands und Künstler:innen aller Sparten. Und so ein Wohnzimmer ist eben ein Raum, an dem man sich geborgen und wohl fühlt. Heute würde man sagen, dass es sich um einen safe space handelt. Den vermutet man vielleicht mehr im eigenen Bett oder auf der Couch, auch, weil durch all die Krisen die Erschöpfung so groß zu sein scheint, aber ein safe space kann eben auch weiter sein und im Falle der börse oder der INSEL größere Räume und Menschengruppen umfassen. Zwar ist heute die Konkurrenz größer als noch in den 70ern – das Stichwort lautet Netflix – doch wer es schafft, sich zu einer Veranstaltung aufzuraffen, erlebt auch die INSEL und die börse als intimen safe space.

Ilija Trojanow kommt am 19. Januar in die börse, um dort mit den Brüdern Alexander und Konstantin Wladigeroff zu lesen, zu erzählen und zu musizieren. Uta Atzpodien und Torsten Krug werden den Abend moderieren. Torsten Krug verspricht: „Der Abend entsteht im Abend. Wir setzen auf Offenheit und gute Vorbereitung – der Abend ist im Augenblick.“ Uta Atzpodien beschreibt es ebenfalls poetisch: „Jeder Abend von ,Literatur auf der INSEL‘ ist wie ein Juwel, ein Kleinod – mit großer Stahlkraft. Es ist einfach etwas anderes, wenn Autor:innen nicht nur lesen, sondern auch erzählen.“

die börse wird 50 - 5 Orte gratulieren

Uta Atzpodien und Torsten Krug auf der Bühne des Ada. Foto: Ralf Silberkuhl

die börse wird 50 - das Festivaljahr

Veröffentlicht am 02.01.2024

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