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Landpartie Windrather Tal

Mit der börse hin zu „Anders Leben“ radeln

Die 2. Landpartie per Rad führte zum Demeter Hof zur Hellen ins Windrather Tal

Text & Bilder: Heike Müller-Buchbender

Mit einem lauten Knall droht einer Teilnehmerin ein frühes Ende der 2. Landpartie per Rad. Der zu prall aufgepumpte Hinterreifen des alten Geländerads war nach Kontakt mit einem Wuppertaler Schlagloch geplatzt. Der Mitfahrerin Mut zusprechend flicken viele Helfer den Reifen in wenigen Minuten. Ein Blick auf die Uhr beruhigt. Es bleibt noch genug Zeit, um pünktlich im Hof zur Hellen im Windrather Tal einzutreffen. Auf dem im Tal der Biohöfe gelegenen Demeter Hof erwartet die bunte Truppe Informationen über Biodynamische Landwirtschaft, lecker Kuchen und ein Akustikkonzert von Andreas und Niklas Landrock.

Doch zuvor muss ein langer, steiler Berg überwunden werden. Die Spitze übernimmt Klaus mit seinem Enkel auf dem wippenden Sozius. Normalerweise leitet der Vorsitzende des Grünen Wegs e.V. Radreisen zu Orten wie Jekaterinburg, Beer Sheva, Saint Étienne und anderen mit Wuppertal befreundeten Städten. Für die Idee des Kulturzentrums die börse, alternatives Leben in Wuppertal und seiner Nachbarschaft per Rad zu erkunden, war er jedoch einfach zu begeistern.

Zu steile Stellen meidend, leitet Klaus die Gruppe über verschlungene Wege Richtung Ziel. Ab dem Westfalenweg führt die Route über Rohleder aus der Stadt hinaus. Die Straße wird schmaler, der Verkehr weniger und die Landschaft lieblicher. Auf den Wiesen am Wegesrand grasen schwarzbunte Kühe, picken Hühner und tragen Obstbäume schwer an reifen Früchten. Ein Straßenstand mit Biogemüse und Eiern zur Selbstbedienung verheißt baldige Ankunft.

Federvieh stolziert über die Einfahrt, als die radelnde Landpartie auf den Hof zur Hellen einbiegt. Ein Biergarten und Leckereien des Hof-Cafés laden zum Picknick in direkter Nähe zu Kälbern und Hühnern ein. Doch dann die Enttäuschung: Die von langer Hand geplante Führung findet nicht statt. Die Verantwortlichen seien aus mannigfaltigen Gründen verhindert, erfahren wir. Auch die auf dem Hof verbliebene Bäuerin Anne hat keine Zeit für lange Erklärungen. Sie müsse Möhren ernten, denn hier sei jeder Tag ein Arbeitstag. So tröste das schöne unplugged Konzert von Andreas Landrock und seinem Sohn Niklas über die verpasste Führung hinweg und hebt die Stimmung.

Gerne hätte auch Mitradler Dietmar mehr über biodynamische Landwirtschaft erfahren. Er ist aus Radevormwald zu der Tour angereist, „weil ich gerne Rad fahre und mehr übers Gärtnern erfahren möchte." Ein Wiederholungstäter, der bereits bei der ersten Tour zum „Gut zur Linden" mit dabei war. Noch eine Woche später beschäftigt ihn das eng stehende Schlachtvieh im dortigen Stall. „Das ist für mich streng genommen Tierquälerei." Umso mehr hätte er sich gerne über Alternativen erkundigt. Ihm bleibt wie den Anderen nur das eigene Erkunden des Hofes mit seinen Schweinen, Hühnern, Kühen, dem Obst- und Gemüseanbau. Einen Apfel, den er vom Boden aufgelesen hat, gibt er wieder zurück, als er auf einem Zettel liest, dass Besucher bitte auch das Fallobst im Kreislauf des Hofes lassen sollen.

Mit einem Bund Sonnenblumen über der Schulter kommt Gärtnerin Anne vom Feld. „Die sind für den Hofladen." Die Möhren hätten noch Zeit. So lässt sich die junge Frau zu einem Schwätzchen hinreißen. „Das Sonnenblumenfeld ist vor allem für die Bienen", erklärt die einstige Berlinerin, dass Biodynamische Landwirtschaft immer auch mit Naturschutz verbunden sei. Am Ende der Saison sollen die Sonnenblumen erstmals zu Tierfutter gehexelt werden, denn Tierfutter sei nach dem wenigen Regen europaweit knapp. Dermaßen, dass Tiere vielleicht geschlachtet werden müssten. Wieder einmal wird klar: Der vermeintliche Jahrhundertsommer ist eine Jahrhundertdürre mit großen Auswirkungen auf die Landwirtschaft, vor allem auf geringer subventionierte, kleine (Bio-)Betriebe.

„Man kann die Menschen nicht zwingen, die Natur zu lieben", weiß Anne. Ihr ist hingegen die Liebe zu ihrem Tun anzumerken: „Hier bin ich Eins mit den Dingen", beschreibt sie ihr Leben im Rhythmus der Tiere und mit Gleichgesinnten. Über „work and travel" arbeitet sie mit naturverbundenen Menschen aus aller Welt zusammen. Die Möglichkeit, hier für einige Wochen zu arbeiten, beflügelt auch Landpartie-Teilnehmer Dietmar. Der nimmt die Überlegung „mich hier für ein Praktikum zu bewerben", mit auf den Rückweg über den Berg zurück ins Tal der Wupper.
Und vielleicht ist er auch das nächste Mal mit dabei, wenn es bei der 3. Landpartie um „Anders wohnen in Wuppertal" geht

Landpartien per Rad – Anders leben mit Kultur

Seit August 2018 erkundet die börse, welche „gelebten Utopien" bezüglich Konsum, Ernährung und Wohnen zurzeit diskutiert und ausprobiert werden. Im Rahmen von sechs Landpartien schwingen wir uns aufs Rad und schauen, wie es mit „Anders leben" in der Nachbarschaft aussieht. Bei den Touren gibt es neben interessanten Informationen und schönen Landschaften immer auch ein Picknick mit Live-Musik.

Die Landpartien per Rad sind eine Kooperation der börse mit „Der Grüne Weg e.V., dem ADFC und „Wuppertals urbane Gärten".

Infos unter www.dieboerse-wtal.de/landpartie/ 
Vorverkauf unter www.wuppertal-live.de

Biodynamische Landwirtschaft

Angeregt durch Rudolph Steiners anthroposophischen Kurs in der Landwirtschaft betrachten Demeter-Bauern ihren Hof als einen lebendigen, einzigartigen Organismus.
Das Ideal der Biodynamischen Wirtschaftsweise ist die Kreislaufwirtschaft: Der Landwirt hält so viele Tiere, wie er mit seinem Land ernähren kann. Deren Mist sorgt für eine hohe Bodenfruchtbarkeit, die hochwertige Lebensmittel für den Menschen hervorbringt. Mit Hilfe von Biodynamischen Präparaten ordnet der Erzeuger Naturprozesse. So wird der Hof zu einem Organismus, in dem jedes Organ das andere braucht: Mensch, Pflanze, Tier und Boden wirken zusammen.
(Quelle: www.demeter.de/biodynamische-landwirtschaft)

Veröffentlicht am 28.08.2018

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